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3. Advent: Ihr Kinderlein kommet, oh kommet zum Fest!

Grit Heyse • Dez. 13, 2020

„Juhu! Endlich Weihnachten! Endlich viele, bunte Geschenke!…“

„Orr,.. Weihnachten, drei Tage, an denen man sich wieder von der besten Seite vor den Großeltern zeigen muss und so wenig wie möglich Zeit mit dem Smartphone verbringen darf! Ätzend…“

„Weihnachten - viel zu tun, viel zu planen, aber Gottseidank wird dieses Jahr nicht bei uns gefeiert.“


Wie jedes Jahr steht im Dezember das familiäre Weihnachtsfest an und die Einstellungen zu diesem Festtag könnten in einer Familie nicht unterschiedlicher sein. 
Nach der Begrüßung von Großeltern, Geschwistern, Tanten, Onkeln und der Kinder werden erstmal Neuigkeiten ausgetauscht. Während der Bruder wieder nur wenig erzählt, die jüngste Schwester stolz von ihrer Verlobung berichtet und man selbst überglücklich die dritte Schwangerschaft bekannt gibt, zieht der jüngste Enkel bereits seine Großeltern in den Bann. Wann kommt wohl endlich der Weihnachtsmann? Wie viele Geschenke wird er wohl bringen? Ob er wohl alle Wünsche vom Wunschzettel erfüllt? Fragen über Fragen, denen sich die Großeltern mit Freude widmen. 

Anschließend beginnen sie dann in der Küche das Festessen vorzubereiten. Der einzige Bruder der Geschwister verschwindet auf einen alleinigen Spaziergang nach draußen und während die pubertierende Enkelin stumm in der Ecke an ihrem Smartphone sitzt, beansprucht der Jüngste der Familie, wie oftmals die gesamten Feiertage hindurch, die meiste Aufmerksamkeit für sich. 
„Das ist wieder mal typisch. Alles muss sich immer um die Kinder drehen. Es gibt kaum noch Momente, die nicht von einem kleinkindlichen Mittelpunkt geprägt sind und die Große, die endlich alt genug ist, um sich mit ihr unterhalten zu können, ist nur noch an ihrem Smartphone interessiert.“, denkst Du, wie vielleicht auch die anderen Familienmitglieder?

Ja und nein.
Der Jüngste erlebt gerade den Zauber, der Weihnachten ohne Verpflichtungen und Verantwortungen mit sich bringt und den man oftmals noch gut aus eigenen Kindertagen erinnert. Großeltern, Tanten und Onkel sieht der Kleine zudem nicht so oft im Jahr und durch das ständige Miteinbeziehen zeigt Dir das Kind wie sehr es sich auf und über Dich und das gesamte Fest freut. Versuch die Zeit zu genießen. Es sind schließlich nur ein paar Tage und für Erwachsenengespräche ist am späteren Abend, wenn die Kinder bereits im Bett sind, noch genug Zeit.

Es ist aber ratsam keine zu hohen Erwartungen an die junge Familie zu stellen. Durch die gesamte Familie und der spannenden Zeit erfährt der kleine Enkel viel Neues und Aufregendes. Außerdem sind Gewohnheiten aus dem Alltag nicht so wie zu Hause umzusetzen und so kann es dazu kommen, dass die Kinder überdreht und abends kaum ins Bett zu kriegen sind. Das stresst die Eltern und vor allen Dingen die Mutter. Sieh es ihr nach, falls sie nicht ganz so entspannt sein sollte, wie Du es Dir zur Weihnachtszeit vielleicht gewünscht hättest. 

Auch der pubertierenden Enkelin solltest Du mit Toleranz begegnen. Sie befindet sich in einer nicht ganz so einfachen Zeit und weiß selbst mit ihren eigenen Gedanken und Gefühlen nicht so recht wohin. Da ist es manchmal das Einfachste emotionalen Begegnungen aus dem Weg zu gehen, indem man sich an das Handy flüchtet. Und wer macht das mittlerweile nicht auch als Erwachsener hin und wieder? 
Nimm es der Enkelin nicht übel, wenn sie Zeit für sich sucht. Zu ihrem Alter kommt nämlich noch erschwerend hinzu, dass sie vielleicht mit der gesamten Situation nicht so glücklich ist, da sie sich die Feiertage vielleicht anders vorgestellt hat. 

Denn bei Familien beginnt, wie auch bei Pärchen, das erste Chaos bereits dann, wenn es überhaupt erstmal um die Planung der Feiertage geht. Besonders, wenn beispielsweise das erste Kind noch aus einer ersten Ehe oder Partnerschaft stammt und somit die Familie zu einer Patchworkfamilie wird. 
Wo wird gefeiert? Mit wem wird gefeiert? Wo feiern die Kinder? Wird der erste Partner dem Kind zuliebe auch eingeladen? Wie fühlt sich der/die neue/n Partner damit? Die gesamte Familie und damit alle Familienmitglieder müssen an Feiertagen neu lernen mit einer solchen Situation außerhalb des Alltags umzugehen.  

Schlüsselwörter sind dabei emotionales Wohlbefinden und Rücksicht, eigene Interessen und Wünsche, die mit denen der Kinder und der alten und neuen Partnern abgewogen werden müssen.

Gespräche sind daher unerlässlich! 

In Familien eignet sich dabei meist eine Art Familienrat, also ein Zeitpunkt wie beispielsweise zum Abendbrot, bei dem alle Familienmitglieder anwesend sind und offen und frei über ihre Gedanken und Gefühlen sprechen dürfen. Bei Problemen oder größeren Planungen sollte sich allerdings extra Zeit genommen werden, bei der keine Nebentätigkeiten für Ablenkung sorgen. Manchmal sind auch Einzelgespräche mit den Kindern oder dem Partner ratsam, um bei Kindern mit großem Altersunterschied Unter- und Überforderungen zu vermeiden und ihnen Raum zu geben, sich leichter zu öffnen. Besonders bei Kindern mit Elternteilen aus vergangenen Beziehungen sind Gespräche unter vier Augen hilfreich, weil sie vielleicht noch nicht ausreichend Vertrauen zum neuen Partner gefasst haben oder diesen mit eigenen Gedanken und Gefühlen im großen Gesprächskreis nicht verletzen wollen. 

Wichtig bei der Kommunikation in Familienkreisen, egal welcher Konstellation, sind, wie letzte Woche bereits beschrieben, die Vermittlung von Ich-Botschaften. Es sollte nicht verallgemeinert werden und niemand kritisiert oder Schuld zugewiesen bekommen, da viele Wünsche, Vorstellungen, Gedanken und Gefühle innerhalb einer Familie aufeinander treffen können. 

Jeder darf sprechen und niemand hat Recht oder Unrecht.

Des Weiteren sind folgende Punkte von Bedeutung:
- Bewusstes Zuhören! - Jedes Familienmitglied sollte einen entsprechenden Raum und die entsprechende Aufmerksamkeit erhalten, wenn es über etwas bestimmtes sprechen möchte. Ist dies gerade nicht möglich, sollte das ehrlich geäußert werden und das Gespräch auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden. 
Aussprechen lassen und nicht unterbrechen! - Jeder innerhalb einer Familie sollte Gedanken und Gefühle ehrlich mitteilen dürfen, ohne unterbrochen zu werden.
Keine Wertungen! - Auch wenn Äußerungen im ersten Moment unklar erscheinen oder keinen Sinn ergeben, solltest Du erst einmal nur Wahrnehmen und Verständnis zeigen. Der Sprechende spricht nämlich keine Tatsachen aus, sondern nur seine eigenen Stimmungen und Gefühle und die sind in jedem Fall wahr und Fakt! Versuch Dich zum Beispiel erstmal in die Situation hineinzuversetzen, bevor Du versuchst darauf etwas zu erwidern oder eine Lösung vorzuschlagen. 

Das gilt natürlich nicht nur für die junge Familie, sondern für die gesamte Familienkonstellation zu Weihnachten. Zweifellos ist etwas, wie ein Familienrat in so großen Kreisen nicht mehr möglich. Dennoch sollten im Vorfeld ehrliche Gespräche geführt werden, um sich den Gefühle und Wünsche, Vorstellungen und Gewohnheiten der anderen bewusst zu werden und ein sinnliches Weihnachtsfest zu planen.

Feiertage, wie auch Weihnachten stellen für alle Familienmitglieder eine echte Herausforderung dar. Setz Dich aber dabei nicht zu sehr unter Druck. Du kannst es nicht allen recht machen und das musst Du auch gar nicht. Wichtig ist aber, dass alle ihre Wünsche und Vorstellungen ehrlich äußern dürfen. Anschließend solltet Ihr dann gemeinsam versuchen Probleme zu erkennen und Lösungen zu suchen. Weihnachten ist ja schließlich ein Fest der Familie, oder? 

Und vergiss bei all den Dir merkwürdig erscheinenden Reaktionen nicht - hinter allem steckt ein Muster!
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